Das hier ist das 'Drehbuch' zu einem Film den ich mit der sogenannten Theater Ag der Merz Akademie realisierte. Der Film ging dann auf Tour durch deutsche Großstädte (naja - eigentlich waren es Stuttgart, Hamburg und Köln, aber immerhin! - und was für großartige Abende).
Der Superfilm.
Alles Geräusch ist Ton.
Ein Film der Theater AG der Merz Akademie
Auf der Wiese
Folgende Geschehnisse werden erzählt:
was zu tun sei
was zu tun ist
was zu tun wäre
das ganze in einem ständigen durchzug
ich wollte etwas schreiben
was dann gesprochen werden soll
über die bedeutung von aufforderungswörtern
wie ein ding am besten aussehen solle, nähmlich so das es wirkt
im betrachter der da sei
als Darstellung von möglichkeiten die verheißungsvoll
und nach einer erfüllung verlangen
aber möglichkeiten beschrieben im Sinne der besten welt
und wie die notwendigkeit des lebensunterhaltes in einer vorrevolutionären gesellschaft
gemeistert oder vermieden wird
und über die art miteinander umzugehen so das die möglichkeiten bestehen bleiben und gehen
und wie sich so rumsitzen läßt ohne den anderen um den es geht zu ändern ohne das er die änderung selber macht
und über die geschichte, und wie man eine erzählen könnte
und zwar verteilt auf verschiedene rollen, die nicht geschieden werden
und es ließe sich ruhig sagen was es mit den siebzigern auf sich hat,
das es mal gesagt sei nämlich das zweiundsiebzig die besten Platten die
besten Bücher
- auf ihre art versteht sich - das beste denken im schwange war.
das es immer um das eine geht um das es geht
und das in den siebzigern, den frühen, die besten ideen am weitesten verbreitet
waren
mit allem was dazugehört, versteht sich
und über die musik und wie die besten ideen unabhängig sind und sich überall
erfüllen lassen
und was langsam ist und was schnell
was ein Unterschied ist ob solche überhaupt existieren
oder wie alles ineinanderstürzt, weil es zusammengehört, weil es sich anzieht, die abwesenheit die anwesenheit
über das was glauben heißt und wie man ärger damit vermeidet
das ganze ist ein sound dickes brummen fluß
und wie man sich darin befindet und was das soll
und dann wird getrunken - denn alle sollten durst haben
dann natürlich über sex liebe und die ideen, wie ideen sich anfühlen, wie ideen keine gegenstände sind, erstarrt in form.
wie die besten ideen nicht verlangen sondern sich erfüllen
und witze scheinen durch, weil gesprochen wird über wärme und schlechte laune und unruhe
und woran man sich erinnern sollte und was man behalten sollte
natürlich wird nichts gesagt, aber die sache reißt mit
die sache macht eindruck, einen den man behalten sollte, weil er an etwas erinnert was sich leicht vergisst
über angst und das sogenannte klinische problem und das politisch
und das ende des einen wie des anderen
und über spaß und wo der hammer hängt
und das leben in der stadt und keiner sollte einsam sein allein
denn sie gehören zusammen auf alle möglichen arten und weisen
worüber man unsicher sein könnte und was damit anzufangen wäre
über die feinsinnigkeit, den guten geschmack,
schaffend, nicht urteilend
die überflüssigkeit von urteilen, ihre schädlichkeit,
ihren sinn in der repression
wie alles sich bewegt und man deshalb nicht beschreiben kann, weil beschreibung doch festhält
und wie man aber leicht anders sprechen kann, anders hinstellen kann kurz konstruieren kann
um einen eindruck zu erzielen und ein verständnisding hinzusetzen
und wie das gut aussieht, weil das nicht schaden kann und vergnügen eine feine angelegenheit ist
die ganz ursächlich dazugehört, über das gute aussehen und immerwieder die ideen
wie auch ideen in schmelze sind, nur den geschmack einer idee haben, und ob das vielleicht nicht ganz richtig ist
über was egal ist und wie man das herstellt, über was die entscheidung macht
wie sie in die welt stolperte und wozu sie gut ist und wie man auf effektivität pisst
auf effektivität und expansion und was die ideen nicht mit wissen zu tun haben
und über das nachträgliche verstehen und das man damit rechnen muß
und über die erschütterung, immerwieder, über das sausen das entsteht, in der bewegung ohne ziel
über kontinuität über fallen stürzen rasen über den berg hinabfliegen
über das kind der lüfte über schweben
über das eine das lang hingezogen ist
in das man sich begeben können muß und auf dessen kante man spazieren kann
darüber das es eine Qualität hat die beschreibbar ist
die sich vertreten läßt
die besser ist
und darüber, das genau dies der grund ist, an den man sich erinnern muß
und wovon man sich trennen muß.
über die kritik, ihre funktion
und ihre behandlung,
und warum man sie bleiben
lassen könnte.
über die unsicherheit, die wiederholung
und über eine geschmackvollere verteilung der poesie
Im Naturkundemuseum
Hört mal, ich bin dann morgends aufgewacht und ich war randvoll mit Alkohol, der in mir hin und herschwappte und es brannte irgendwie an mir und in meinem Kopf und eben dadrin ging es so zu, die Gedanken waren giftig schwammig und dann nahm ich mir die Schaufensterpuppe und rutschte auf ihr rum bis es mir kam, morgends nach dem suff ist man ja oft so seltsam scharf, so brenzlig genau. Da war ich wohl wirklich allein.
Mädchen
Na also, ich bin nur froh, daß mich die Geräusche beim Ficken nicht mehr so stören. Das konnte mich früher ganz verrückt machen. Da hatte ich so eine Vorstellung von sauberen Geräuschen und die, die man beim Ficken so macht, das ganze Geblubber und Schmatzen, gehörten nun wirklich nicht dazu. Im Film hört man die ja nun wirklich nicht. Ich dachte schon, wenn man dabei solche Geräusche macht, kann das wohl nicht ganz richtig sein. Auch die Gerüche. Aber jetzt ist alles Geräusch Ton und die beim Ficken sind nicht die schlechtesten. Ich weiß auch nicht, was die leute dabei immer so rumstöhnen.
Junge2
Jesses, ich dachte wenn ich mich daran erinnere, wie es mit meiner
ersten Freundin war, also das ist schon länger her, das ich das dachte
und das mit meiner Freundin noch viel länger, mir gings nicht gut.
ich dachte,
irgendwas muß ich an diesem Zustand ändern, das waren
dunkle Zeiten und ich wollte Licht reinbringen und ich dachte also,
wenn
ich mich an das behagliche Gefühl erinnere und wie das war, also zu
lieben, wir haben uns das damals ja auch gesagt: Ich liebe Dich, also wir
taten das auch, und ich dachte, man müßte IN LIEBE sein, also
das man sich in dem Gefühl aufhält, wie es auch im englischen
heißt - in love, ich dachte also, ich erinnere mich an das Gefühl
und bewege mich darin, aber dann fiel mir auf, das ich ja die Zeit miterinnere
Mädchen
O, ich glaube, ich muß kotzen.
Junge2
Tu´s nur.
Junge1
Ich kann diese Unart aus lauter verschiedenen Biersorten zu wählen
einfach nicht ertragen. wenn man Bier trinken will, soll man sagen, ein Bier bitte,
und dann kriegt man eins und trinkts. Basta.
Mädchen
Die ganzen Faxen, das ist sowie Quatsch.
Junge2
Genau, die Faxen sollte man bleiben lassen.
Junge1
Irgendeinem scheints immer Spaß zu machen.
Mädchen
Scheiß drauf.
Junge1
Was ist den das was da läuft?
Junge2
Ich hab mal gesagt, ich würde jederzeit einen Pfarrer bespucken. Das
hat einen Aufruhr gegeben. Ich saß mit Freunden zusammen und ich sag das
so nebenher, in einem Nebensatz, etwas was mir ganz selbstverständlich ist
und wovon ich annahm, das das zu dem gehört, worüber man sich jederzeit
einig ist. Und stattdessen sitz ich kurz darauf in einer Aufregung, ich hab es
gar nicht gefasst. Man müsse auf irgendwelche Großeltern Rücksicht
nehmen. Daran erinnere ich mich noch. Das hat mich doch sehr verwundert.
Junge1
Auf solche Gespräche sollte man sich gar nicht erst einlassen.
Mädchen
Wenn man das vorher wüßte.
Junge1
Erst eine Überschwemmung dann ein Brand.
Junge2
Ein Freund von mir fotogafiert immer seine Scheißwürste.
Mädchen
Das habe ich auch mal in einem Film gesehen.
Junge2
Aber er scheißt die erstaunlichsten Würste. Er macht Dias davon
und die Würste sehen immer aus wie Zeichen.
Mädchen
Zu Zeichen wird halt alles mögliche leicht.
Junge1
Das ist ja auch gut so.
Mädchen
Ich hab mal Fotos von einem Paar gesehen, die waren im Urlaub und
haben in Italien einen Autounfall gehabt und sich die ganze Zeit fotografiert.
Auf den Fotos sah man sie dann blutüberströmt, um sie drum die Sanitäter,
immer abwechselnd.
Junge1
Finde ich gut wenn man zusammen arbeiten kann - sollte man eh machen.
Junge2
Man muß halt erst eine Tür öffnen um reinzukommen.
Ich
hab mal in die Runde gefragt was die beste Erinnerung sei die man habe.
Junge1
Und.
Junge2
Na all so´n Kram. Wiesen. Meer. Frauen. Bauernhöfe.
Junge1
Kinderkacke.
Mädchen
Es gibt doch diesen Spruch: Es gibt ein Licht am Ende des Tunnels.
Junge2
Hängt so rum.
Mädchen
Ob da auch die Gebärmutter gemeint ist?
Junge1
Bei Rambo I kriecht er doch auch durch einen Tunnel im Wald, und da ist Öl
auf der trüben Flüssigkeit und es ist voller Ratten und er steckt dann
alles in Brand.
Mädchen
Ich hab mir mal beigebracht mich mit meinem Körper aus den
unangenehmsten Situationen zu retten, wenn ich mich wirklich unwohl fühle,
schnell eine gelungene Geste und man ist raus. Und das meine ich nicht zum Spaß.
Junge2
Na, ich hab letztens gelesen, daß gutes Aussehen und angenehmes
Verhalten, so hieß das, Teil der gelungenen Herrschaft ist.
Junge1
Weiß jemand, was der Unterschied zwischen einem Schwanz und einem
Flugzeug ist? Flugzeuge werden ganz klein wenn sie abheben!
Mädchen
O, Gott. Die ganz schlechten Witze muß man sich in der Hölle beim
Teufel persönlich quitieren lassen.
Junge2
Ich glaube es hat wenig Sinn wenn wir länger hier bleiben.
Junge2
Ich bin überhaupt nicht mit alten Menschen zusammen. Ich meine ich
begegne nie welchen.
Junge1
Geh öfter in die Kirche.
Junge2
Idiot! Ich will gehen.
Junge1
In die Kirche.
Mädchen
Pfarrer bespucken.
Junge2
Ich will wirklich gehen!
Junge1
Ich will Bier.
Mädchen
Eine gute Idee.
Junge2
Ein guter Plan.
Junge1
Worauf ich wirklich stehe, sind gute Fragen.
Mädchen
Wer bezahlt?
Junge2
Ich hab heute morgen im Radio gehört das das Geldwertsystem abgeschafft
worden ist.
Mädchen
Das ist ein Stück in dur.
Im Innenhof der Akademie
Mädchen
Man muß die Zeit halt rum kriegen.
Junge2
Da gibt es aber auch besseres.
Junge1
Musik.
Mädchen
Scheiße fotografieren!
Junge1
Also nochmal: Alles fliegt durcheinander! Wenn man Pech hat zieht man
es an, gerade wenn es wacklig wird, und es fliegt einem um die Ohren.
Ho, ruhig Brauner.
Junge1
Dagegen stürzt man ja erstaunlicherweise nicht, wenn sich die Erde unter einem öffnet.
Mädchen
Manchmal ist man halt etwas schwer zugänglich, asozial sozusagen. Es ist halt die Frage ob man die Welt so einrichten sollte, das das nicht passiert.
Junge2
Glaube ich nicht.
Mädchen
Worauf es doch eigentlich ankommt ist das wir alle ein ganz anderes Zeitverständnis haben.
Junge1
Ich sag immer, man
muß da hingehen wo es weh tut.
Junge2
Wem?
Junge1
Einem selber natürlich.
Mädchen
Natürlich ist ein beschissenes Wort.
Junge1
Rutscht einem halt so raus.
Junge2
Darf nicht passieren.
Junge1
Evento!
Mädchen
Incidente!
Junge2
Ich denke immer an die Sternenwelten und das man sich überlegen
muß, ob man an den Sicherheitsvorkehrungen für die riesigen
Baustellen auf fernen Planeten arbeiten will.
Ich begegne auch selten Kindern.
Junge1
Ist auch besser so! Das war also ein Film darüber das man zusammen ist und miteinander redet und dabei das Gefühl hat, daß genau das richtig ist, obwohl man weiß, das man vorher und nachher den anderen begegnet.